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Brennmeister Hessenius

Es gibt viele Destillen, die sich auf das Herstellen von edlen Bränden spezialisiert haben, aber keine liegt so hoch im Norden wie die 1ste Edeldestillerie Rügen. Maren und Rainer Hessenius haben sich zum Ziel gesetzt herausragende Obstbrände und Liköre aus heimischen Anbau herzustellen. Seit 1998 zaubert Brennmeister Rainer Hessenius gemeinsam mit seiner Frau Maren edelste Brände für den verwöhnten Gaumen und seit 2006 darf er seine Brände auch mit dem Biosiegel versehen.



Wer sich wundert, das auf Rügen solche Schätze zu finden sind, vergisst, das Rügen zu den Gebieten mit der höchsten Anzahl an Sonnenstunden pro Jahr zählt und das durch die sehr späte Blüte, Ernteausfälle viel seltener sind als im Süden Deutschlands. Neben diesen Standortvorteilen, verwendet Rainer Hessenius nur hochwertige, sortenreine Früchte, die Handverlesen in die Gärung verbracht werden. Echte Raritäten sind Brände aus alten, kaum noch zu bekommenden Obstsorten und der Brand aus Johannisbeeren, der einer intensiven Behandlung bedarf.

Das Obst kommt nicht nur aus eigenem Anbau und Zukäufen „vor Ort“, sondern wird natürlich auch selbst eingemaischt. Im Gegensatz zum traditionellen Verfahren des Doppelbrandes bevorzugt Brennmeister Hessenius die schonende Methode, den Rohbrand und Feinbrand in einem Vorgang durchzuführen, dies kommt natürlich den Fruchtaromen des fertigen Brandes zugute. Von der Ernte bis zum fertigen Brand hat Rainer Hessenius so die Qualität seiner Destillate unter Kontrolle. Drei Monate wird das Destillat nun noch geschützt reifen, bevor der Kenner den Brand genießen darf.

Rezepte nachkochen: Herr Hessenius wie sind Sie auf die Idee gekommen, gemeinsam mit Ihrer Frau den Versuch zu wagen hier auf Rügen eine Edeldestille zu etablieren, die mit den großen Destillen mithalten kann?

Rainer Hessenius:
Durch berufliche Aufgaben komme ich seit der Wende auf die Insel Rügen. Ein sich entwickelnder Kontakt mit Einheimischen brachte viel Informationen über die ländliche Struktur Rügens. So auch über die alten Obstsorten bzw. Sortenstruktur der alten Guts- und Bauerngärten. Die waren nämlich so angelegt, daß die Bewohner schon vor 250 Jahren, trotz ausschließlicher Lagermöglichkeit im „Erdbunker“, über das ganze Jahr frisches Obst zum Verzehr hatten. Die Idee war zunächst, am Erhalt dieser alten Sorten aktiv mitzuarbeiten. Erst als sich eine anspruchsvolle Gastronomie auf Rügen etablierte (erste Hälfte der 90er), die sicher ebenso anspruchsvolle Gäste auf die Insel bringt, enstand die Idee der „Obstbrände aus alten regionalen Obstsorten“. Allerdings war von vornherein klar welche Qualität erreicht werden mußte.

Rezepte nachkochen: Sind Sie vorbelastet, also haben Sie Erfahrung mitgebracht oder mussten Sie sich Ihre Kenntnisse in Versuchen selbst aneignen?

Rainer Hessenius:
Ich bin von Hause aus Gastronom. Seit 40 Jahren Koch, seit 25 Jahren Küchenmeister. D.h. Die Qualitätsbeurteilung von hochwertigen Lebensmittelrohstoffen ist für mich Tagesgeschäft. Die Qualitätserhaltung hochwertiger Rohstoffe beherrscht ein Küchenmeister zwangsläufig. Allerdings habe ich mir die brennereispezifischen Kenntnisse nicht bei traditionellen Brennern geholt. Hier war ich auf der Schulbank. Über mehrere Jahre während der „Destillata“ Bad Klein Kirchheim/ Kärnten. Hier haben hochkarätige Wissenschaftler ihre neuesten Erkenntnisse zur Herstellung von Edelbränden kommuniziert. Auch habe ich an Veranstaltungen der Universität Stuttgart-Hohenheim teilgenommen. D.h. Ich habe mir die modernsten Erkenntnisse von Wissenschaftlern und Sensorikern geholt um sie eins zu eins in unsere Herstellung zu integrieren. Alle Brände entstehen durch Handarbeit. Da wo unsere Hände sind, sind unsere sensorischen Sinne auch.

Rezepte nachkochen: Wie lang war der Zeitraum von der Idee bis zum ersten fertigen Edelbrand?

Rainer Hessenius:
Die Idee entstand im Februar 1994. Zum erstenmal „Schulbank“ war in der zweiten Januarwoche 1995 mit den „Destillata Brandmeister-Diplomen“ Bronze und Silber. Dann habe ich ein kleines Brenngerät bauen lassen, mit allen Funktionen eines großen, modernen Gerätes. Im September wurden die ersten 220 kg Rügener Äpfel eingemaischt. Vier Wochen später mit einer Ausnahmegenehmigung des Offenbacher Bundesmonopolamtes destilliert. Die Ausbeute waren 18 Flaschen 0,35l, 42% vol. Die Qualität war umwerfend. Zwei weitere Jahre Pilotaktivität folgten 1996/97 mit weiter wachsendem Erfolg. 1998 wurde im September die Edeldestillerie in Lieschow auf Rügen eröffnet.

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Hatten Sie am Anfang mit großen Problemen zu kämpfen? Wenn ja, was waren die größten Probleme in der Anfangszeit?

Rainer Hessenius:
Probleme waren, wie bei neuen Projekten üblich, zu bewältigen. Aber hauptsächlich durch Überzeugungsarbeit. Da wir die erste Obstverschlußbrennerei in Mecklenburg-Vorpommern waren, konnte in den Genehmigungsverfahren niemand auf Erfahrungen mit dieser Branche zurückgreifen.



Rezepte nachkochen: War es schwierig, die Liebhaber von Obstbränden für Ihr Produkt zu begeistern oder haben Sie gleich offene Türen eingerannt?

Rainer Hessenius:
Schon unsere ersten Brände haben Begeisterung bei den Liebhabern hervorgerufen. Natürlich stehen uns nicht alle Türen angelweit offen. Viele Türen wollen wir auch nicht. Allerdings, dort wo echte Fachkompetenz vorherrscht, z.B. in der Spitzengastronomie und man dort auf uns aufmerksam wird, brauchen wir keine „offenen Türen“ einrennen. Dort holt man uns von sich aus herein (World-Top-Hotels z.B. in Hamburg bzw. Restaurants mit Michelin-Stern oder Gault Millau Punkten).

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Herr Hessenius, wenn Sie zurückblicken auf Ihre Anfänge bis Heute, würden Sie Ihrer Philosophie treu bleiben oder würden Sie einiges anders machen?

Rainer Hessenius:
Unter keinen Umständen würde ich einen anderen Qualitätsgedanken einbringen. Die Verarbeitung von alten Rügener Obstsorten gibt uns ein Alleinstellungsmerkmal. Nirgends sonst in Deutschland wächst Obst unter besseren Bedingungen als hier (Sonnenschein, Bodenqualität, Luftreinheit, sauberer Regen.....). Sicher würde ich unsere eigene Obstanlage früher zur Bio-zertifizierung angemeldet haben; denn egal ob man von Anfang an nach den Grundsätzen des Ökologischen Landbaus arbeitet, eine europaweit gültige Verordnung gestattet die Zertifizierung erst nach Ablauf von drei, auf die Anmeldung folgenden Jahren.

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Seit dem letzten Jahr dürfen Sie Ihre Brände mit dem Biosiegel versehen, wollen Sie sich damit eine neue Käuferschicht erschließen, da ökologische Produkte in allen Bereichen immer wichtiger werden, oder ist dieses Siegel nur sichtbarer Ausdruck eines schon immer verwendeten Herstellungsverfahren?

Rainer Hessenius:
In Zeiten immer neuer Lebensmittel-Skandale war der Kontakt zu diesen Kontrollgremien für mich eine Herausforderung. Da wir auf der „Halbinsel Lieschow“ sehr nahe am Naturschutzgebiet „Biosphärenreservat norddeutsche Boddenlandschaft“ liegen, haben wir von Anfang an unsere Produktionsprozesse im Einklang mit dem Schutz von Umwelt und Natur entwickelt. Die Bio-Zertifizierung hat dann nur bestätigt, daß wir seit der Unternehmensgründung auch in diesem Bereich den eigenen hohen Anforderungen an uns selbst entsprechen.

Rezepte nachkochen: Herr Hessenius, sie führen in Ihrem Angebot Brände aus seltenen Obstsorten, wird diese Liebe zum Detail vom Verbraucher angenommen?

Rainer Hessenius:
Die alten und damit seltenen Obstsorten sind die Grundvoraussetzung für unsere Produktqualität. Vor 200 Jahren kannte niemand „Spritzmittel“. Die alten Sorten hatten aber keine nennenswerten Schädlingsprobleme, eben wegen der einmaligen Güte ihrer Inhaltsstoffe.

Rezepte nachkochen:
Welche Ziele haben Sie für die Zukunft? Werden Sie weiter expandieren und Ihre Produkte einem breiten Publikum bekannt machen oder widerspricht das Ihrer Idee von der Nutzung heimischer Obstsorten?

Rainer Hessenius:
Entsprechend unseren eigenen hohen Ansprüchen an die Herstellungsverfahren in Handarbeit sowie an die Spitzenqualität der Edelbrände sind uns im Wachstum Grenzen gesetzt, die wir aber noch nicht vollständig erreicht haben. Wachstum ist noch möglich. Deshalb versuchen wir momentan in Kennerkreisen etwas bekannter zu werden.

Rezepte nachkochen: Welcher Brand ist zur Zeit ihr persönlicher Favorit?

Rainer Hessenius:
Keiner. Ich mag sie alle. Wenn eine Obstsorte einen Brand ergeben würde, den ich nicht mag, würde ich ihn nicht weiter produzieren. Während der Pilotaktivitäten hatten wir z.B. die alte Sorte „Albrechtsapfel“ mit einigen Bäumchen im Anbau. Diese Sorte hat mich nicht überzeugen können. Heute befindet sich dort der Parkplatz für unsere Kunden.

Herr Hessenius wir danken Ihnen für das Gespräch und die ausführlichen Informationen zum Thema Edelbrände.

Hier geht es zur Homepage von Maren und Rainer Hessenius:
www.1ste-edeldestillerie.de
ERSTE EDELDESTILLERIE auf RÜGEN GmbH
Lieschow 17
D-18569 Ummanz
Telefon + 49 (38305) 55 300
info@1ste-edeldestillerie.de